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Dirty southern blood Tour

in der Bochumer Matrix am 12.01.2007 (von Tobias)

 

 

Obwohl die bereits 1997 als Luti-Kriss gegründeten Norma Jean in ihrem Heimatland den vereinigten Staaten von Amerika längst eine ganz große Nummer sind und u.a. als einer der Headliner des legendären Ozzfestes fungierten, sowie mit ihrem aktuellem Album „Reedemer“ gar Platz 38 in den US-Billboard Charts einfuhren, blieb ihnen bis dato eine Headliner-Tour durch Europa versagt.  Unterstützt durch ihre Landsmänner und Freunde He is legend, Maylene and the sons of disaster und The showdown sollte es Norma Jean jedoch im Rahmen der „Dirty southern blood“ Tour 2007, die am 12.01.2007 als vierte Station die Bochumer Matrix vorsah, zehn Jahre nach ihrer Gründung nunmehr endlich als Headliner nach Europa verschlagen. Für den Preis von 13 Euro (AK: 17 Euro) konnte sich an diesem Abend jeder Zahlungswillige davon überzeugen, dass die Mathcorer aus Atlanta, Georgia ihrem Ruf als hervorragende Live-Band auch im Ruhrgebiet gerecht werden sollten. Zuvor sollte sich die Besucherschaft jedoch mit dem einen oder anderen Ärgernis auseinandersetzen müssen.

 

Denn durch absolut unrichtige Informationen des Veranstalters sollte wohl nicht nur dem Verfasser dieser Zeilen leider der Auftritt vom heutigen Opening Act The showdown enthalten bleiben, die nahezu eine Stunde früher als angekündigt ihre Mischung aus hochmelodiösem Gitarrenparts und Southern Rock dem Publikum vortrugen. Auf Grund diverser, dem Rezensenten bekannten und durchaus interessant klingender Soundschnipsel aus dem weltweiten Netz wiegt dieser organisatorische Fauxpas doppelt schwer, so hatte sich meine Wenigkeit mitunter eine kurzweilige Unterhaltung durch die Christen aus Elizabethton, Tennessee erhofft.

 

 

Da aber auch die nachfolgenden Maylene and the sons of disaster noch vor der eigentlichen geplanten Startzeit ihren Gig begannen, herrschte in der Matrix zunächst auch hier noch weitestgehend gähnende Leere. Durchaus kritisch hatte ich das im Oktober 2005 erschienene selbstbetitelte Debütalbum der Mannschaft um Ex-Underoath Sänger Dallas Taylor aufgenommen, dass mit seiner unspektakulären Melange aus Southern Rock und Metalcore wie ein zweitklassiger Pantera-Klon daherkommt und viel zu selten den extremen Rahmen bietet, den Frontman Taylor benötigt, um sein unglaublich abnormes Organ entladen zu können. Auch der Live-Auftritt des Sechsers aus Birmingham, Alabama krankte an diesem Abend an jenem Mangel, so dass sich der Rezensent wohl auch in Zukunft nicht zwangsläufig mit den Sons of Disaster anfreunden wird. Songs wie das schleppende „Tough as John Jacobs“ oder das langweilige „Caution: Dangerous curves ahead“ kommen live zwar etwas ansprechender daher, dennoch vermag ein solches Songmaterial mir keine Begeisterungsstürme zu entlocken. Auch visuell bekamen die Zuschauer während des ca. 40minütigen Auftritts eindrucksvoll vor Augen geführt, wie sehr die musikalische Ausrichtung der Amis das keifende Metalbiest Taylor einengt, gar in Ketten legt. Freunde des Ex-Underoath Sängers greifen deshalb zu den ersten drei Werken der jetztigen Post-Hardcore Kapelle oder zu seinem durch Sigur Ros inspiriertem Nebenprojekt genannt Everett, dass zwar nicht durch die Stimme Taylors, wohl aber durch einen völlig überraschenden instrumentalen musikalischen Ansatz glänzt.

 

 

Betrachtet man im Nachhinein das an diesem Abend dargebotene Liedgut der Kapelle, so wird schnell klar, dass He is legend auf Teufel komm raus versuchten ihren in Kürze auch in Europa erscheinenden „I am Hollywood“ Nachfolger „Suck out the poison“ (Review siehe hier) zu promoten. Insgesamt ist dies zwar kein verwerflicher Gedanke, dennoch hat sich wohl nicht nur der Verfasser dieser Zeilen auf die ein oder andere Nummer von besagtem Vorgängeroutput (wo war bitteschön der Überhit der Mannschaft „The seduction“?) oder eine kleine Kostprobe der 2004er EP „91025“ gefreut. So musste sich die kleine Besucherschar an jenem Abend mit nahezu dem gesamten Liedgut des jüngsten Outputs der Mannschaft zufrieden stellen, dass freilich von hoher Qualität ist, jedoch keineswegs den hohen Standard der Vorgängerwerke zu erreichen vermag. Mit ihrer Mischung aus 70er Jahre Rock, Metalcore und Chaospassagen sollten He is legend an diesem Abend jedenfalls dezent vor die Wand laufen, zumal ein Großteil der anwesenden Besucherschaft, sich ob dieser extraordinären musikalischen Mixtur durchaus vor den Kopf gestoßen fühlte. Denjenigen, denen He is legend jedoch bereits vor ihrem Auftritt keine Unbekannten mehr waren bereiteten Songs wie „Attack of the dungeon witch“, „The pot bellied goddess“ und „Serpent sickness“ jedoch sichtlich Spaß, obwohl die Truppe an diesem Abend mit teils immensen soundtechnischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Wohl dem, der den Auftritt der verrückten Formation aus Wilmington, NC ob der vielen Rückkopplungen ohne einen piependen Wegbegleiter in Form eines Tinnitus überstanden hat. Ein Sonderlob an diesem Abend verdiente sich He is legend-Fronter Schuylar Croom: Der Barde gab sich als Entertainer der Extraklasse, der mit seinem seltsamen Äußeren, das sich wohl irgendwo zwischen dem Gesalbtem höchst selbst und Monster magnet-Vocalist Dave Wyndorf einordnen lässt, sowie durch seine höchst merkwürdigen Tanzeinlagen, zahlreiche Lacher auf seiner Seite hatte und dem insgesamt passablen Auftritt so eine erfreulich unterhaltsame Facette verpasste.

 

 

Nach einer kurzen Umbauphase sollte sich nachfolgend der Mainact anschicken die Matrix mit seiner völlig wahnsinnigen Krachkollage niederzureißen. Schon mit ihrem zweiten Longplayer unter dem Namen Norma Jean „O god, the aftermath“ wandte sich der Fünfer erfreulicherweise dem zwischenzeitlich aufgekommenen Metalcore-Hype ab, zeigte vermehrt Mathcore-Elemente auf und bedient seither ein Nischenpublikum fernab des Mainstreams. Mit ihrem am 12. September 2006 erschienenen Album „Redeemer“ pflegte die Kapelle mit melodischen cleanen Gesangsstimmen ein weitere Klangfarbe in ihr Soundspektrum ein, die letztlich zur Folge hat, dass Norma Jean aus einem Pool an absolut granatenstarken Songs schöpfen kann, die mit dissonanten Anleihen und teils komplizierten polyrhythmischen Abfolgen glänzen und den Zuhörer zunächst vor ein undurchsichtiges musikalisches Labyrinth stellen. Dennoch oder gerade deshalb funktioniert das Liedgut der Amis vor einem Publikum gar ausgezeichnet, denn spätestens mit dem zweiten oder dritten vorgetragenen Kleinod beginnt der Besucher Ordnung in das musikalische Chaos zu bringen, um sich von Songs wie „A grand scene for a color film“ oder „Blueprints for future homes“ vollends begeistern zu lassen. Glücklicherweise gelang es der Crew die technischen Probleme auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, so dass Norma Jean während ihres circa 50minütigen Gigs auch immer wieder mit gelungenen Intros und technischen Spielereien zu glänzen wussten, was dem Auftritt insgesamt eine höchst professionelle Note verlieh. Inklusiver einer absolut ansprechenden Videountermalung voller höchst schizophrener und paranoider Bilderreihen boten die bekennenden Botch-Fans an diesem Abend jedenfalls nicht nur einen auditiven sondern auch visuellen Genuss, der die Kapelle eindeutig als den besten Act des Abends zu qualifizieren vermag. Folgerichtig wurden die Amis als einzige Truppe seitens des Auditoriums mit wildem Stagediving und einer lautstarken Petition nach einer Zugabe bedacht.

 

Das Fazit für die Dirty southern blood Tour 2007 fällt summa summarum kurz und prägnant aus: Daumen runter für eine absolut unprofessionelle Organisation, Daumen hoch für die Künstler, die sich unter schwierigen Rahmenbedingungen redlich bemühten die Zuhörerschaft im Großen und Ganzen erfolgreich zu unterhalten.

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